Ich bin froh, dass ich hier im Projekt sowas wie einen Rhythmus habe. Morgens um 9 Uhr holt mich das Motorradtaxi ab. Das ist besser, als den halben Tag zu warten, ob überhaupt etwas passiert. Heute stehen auf der Arbeit Hausbesuche an. Dazu arbeiten wir mit der örtlichen katholischen Kirche zusammen.
Unser erster Besuch führt und zu einem älteren Ehepaar von 74 und 81 Jahren. Der ältere Mann ist sehr schwach und benötigt Medikamente. Aber von den ehemals 14 Kindern haben nur 5 überlebt und von den 5 will nur die Tochter die Eltern unterstützen. Ein weiterer im Haushalt lebender Sohn ist behindert und die anderen 3 Kindern gewähren den Eltern kein (finanzielle) Unterstützung, obwohl sie in der Gegend leben. Die Tochter hat kürzlich ihren Job verloren und kann ihre Eltern kaum unterstützen. Sie ist von ihrem Ehemann weggegangen und zusammen mit ihren 3 Kindern zu ihren Eltern gezogen, um diesen besser helfen zu können. Zumindest für die Bildung der Kinder sorgt der Ehemann aber weiter. Die Tochter möchte ein kleines Business mit Lebensmitteln eröffnen, aber dazu fehlt ihr das Geld. Ausserdem würde sie gerne irgendwann die Schulung zur Friseuse beenden. Unsere psychologische Unterstützung konzentriert sich auf die Tochter, da diese noch über die größte Resilienz von allen verfügt, um die Familie durch die harten Zeiten zu bringen.
Beim zweiten Besuch geht es zu 2 alten Damen, die auf der Erde liegen, während wir auf Bänken hocken. Ich schätze beide auf über 80 Jahre ein, aber eine soll erst 60 Jahre sein, während die andere Ihre Mutter ist. Aber ihr eigenes Alter kennt sie nicht. Die ältere Frau hat früher mit ihrem Mann in Kampala gelebt, ist aber im Alter in ihre Heimat zurückgekehrt. Jetzt gibt es keinen mehr, der sich um die beiden Damen kümmert. Der größte Wunsche der Mutter ist es, am 3. Juni, dem Tag der christlichen Märtyrer von Uganda, in der Kirche zu beten. Der Wunsch wird ihr wohl erfüllt werden. Ende des 19. Jahrhunderts hat der König von Buganda mehrere Dutzend zum Christentum konvertierte Ugander töten lassen. Der Papst hat diese später heiligsprechen lassen. Zum Abschluss spreche ich noch ein Gebet für alle. Ich werde noch zum Priester, denn gestern ist mir in der Kirche dieselbe Ehre zu Teil geworden.
Zum Abschluss haben wir 2 alte Menschen besucht, wo der Familienvater schwer krank ist. Vor 13 Jahren im Alter von 68 Jahren hat ihn seine Kuh angegriffen und seitdem leidet er unter verschiedenen Krankheiten. Wie ich verstanden habe, hat er Demenz, Krebs und verschiedene Organprobleme. Die dringend benötigte medizinische Behandlung ist in den öffentlichen Krankenhäusern sehr dürftig, daher verbessert sich sein Zustand kaum.
Den Nachmittag habe ich zur freien Verfügung, deshalb erledige ich einige kleine Sachen. Die Geheimnummer von meiner SIM-Karte war wohl von Anfang an falsch, jetzt benötige ich diese aber für mobiles Bezahlen und Aufladen von Guthaben. In der Servicestelle des Mobilfunkanbieters MTN hilft man mir vorbildlich, ich komme sofort dran, obwohl der Wartesaal voll ist. Dann musste ich mal wieder Geld abheben und Obst habe ich auch gekauft. Im Anschluss habe ich mir ein kleines Hotel angeschaut. Meine kleine Wohnung ist zwar ok, aber das Niveau kratzt schon an der unteren Grenze. Vor allem der nächtliche und frühmorgendliche Lärm sowie die fehlende Wasserzufuhr im Haus nerven schon ziemlich. Heute ist das Wasser sogar im Außenbereich ausgefallen und die bräunliche Brühe, die dann später aus dem Hahn kam, schien mir selbst nach dem Abkochen magenunfreundlich. Gut, dass ich eine Typhusimpfung intus habe.