Heute treffen wir uns im Office von meinem Projekt. Es ist Freitag und die beiden Psychologen sind nicht im Feld unterwegs (d.h. unterwegs bei den Leuten in den Dörfern). Am Freitag machen Sie administrative Arbeit und planen die nächste Woche.
Meine beiden Kollegen Denis und Jimmy geben mir einen Überblick, was die “Fort Health Mental Initiative” macht. Wie der Name schon sagt, geht es um Mental Health. Und die beiden Gründer haben Psychologie studiert. In Folge der Verheerungen des jahrelangen Lockdowns während der Corona-Pandemie (wie oft ich das hier leider schon hören musste) haben sich die beiden entschlossen, die psychologischen Probleme der Bevölkerung zu adressieren. Durch das Eingesperrtsein in engen Behausungen zusammen mit sehr vielen Menschen und verbunden mit fehlenden Einkommen kam es während des Lockdowns sehr oft zu häuslicher Gewalt, Alkohomissbrauch, Inzucht, Kinderschwangerschaften, etc. etc. Da ist denke ich die Frage durchaus berechtigt, ob das Leid durch den Lockdown grösser war oder die hier im internationalen Vergleich relativ geringe Anzahl von Todesfällen. Da die Bevölkerung Ugandas extrem jung ist, gab es hier viel weniger Covid-Risikogruppen als bei uns. Hinzu kommt, dass die Impfstoffe laut Aussage meiner Kollegen erst mehr als 2 Jahre nach Ausbruch der Pandemie zur Verfügung standen! Ich wurde Anfang Juni 2021 geimpft, also ca. 1,5 Jahre nach Ausbruch. Abgesehen davon waren unsere Lockdowns im Vergleich zu hier überschaubar kurz.
Meine Kollegen arbeiten mit verschiedenen Organisationen zusammen, um diese bei der Behandlungen von psychologischen Problemen der ländlichen Bevölkerung zu unterstützen. Vor allem Kinder stehen dabei im Fokus, da diese besonders unter verschiedenen Benachteilungen leiden.
Später lerne ich noch etwas über afrikanische Geschäftssitten. Wir fahren zum lokalen SOS Kinderdorf, um einen Kontakt zu dieser Organisation aufzubauen. Wir werden aber vom Sicherheitsmann abgewiesen, da unser Ansprechpartner in einem Meeting ist. Um ehrlich zu sein, haben wir für heute keinen Termin, sondern der war für gestern terminiert worden. Trotzdem entscheiden sich meine beiden Kollegen, zum Büro unserer Ansprechpartnerin zu gehen. Und in der Tat, die Dame kommt aus der Besprechung heraus, lädt uns zu sich ins Büro, lässt uns unsere Kurzvorstellung machen, weist uns kurz darauf hin, dass wir ja gestern den Termin hatten und nach Austausch der Email-Adressen gehen wir wieder. In Deutschland wäre so eine Vorgehensweise wohl eher als unangebracht angesehen worden.
Danach ist schon Wochenende, denn wie mir Denis und Jimmy erklärt haben, brauchen sie die 2,5 Tage frei um Abstand von der oft belastenden Arbeit zu bekommen. Das sehe ich auch so, aber in Uganda habe ich diese Einstellung bisher noch nicht erlebt.
Jimmy nimmt mich auf seinem Motorrad noch mit zu sich nach Hause. Er besitzt ein grosses Stück Land am Rande von Fort Portal. Mit 3 Acres (12.000qm²) ist das deutlich mehr als ich mir jemals in Bonn werde leisten können. Er besitzt eine Kuh und Schweine, um die Familie damit zu ernähren. Ausserdem hat er einen grossen Hühnerstall für bis zu 500 Hühner gebaut. Zudem findet sich massenhaft Matoka auf seinem Grundstück, das ihm ein sehr ansehnliches Zusatzeinkommen gewährt. Ich würde Jimmy damit schon als eine der wohlhabenderen Personen ansehen, die ich bisher getroffen habe. Wie er mir erzählt, hat er früher Management studiert und für ein Unternehmen gearbeitet. Danach hat er noch mehrere Jahre ein Restaurant besessen und dann nebenbei Psychologie studiert. Auch das ist eher ungewöhnlich hier, noch einen 2. Bildungsweg einzuschlagen.
Auf dem Nachhauseweg kaufen wir noch einen Helm für mich. Denn wir sind für unsere Arbeit lange auf Motorrädern unterwegs und da möchte ich zumindest soweit möglich etwas für meine Sicherheit tun. Übrigens tragen meine beiden Kollegen einen Helm, nur die Volunteers anscheinend nicht. Bei den Helmen gibt hier leider nur eine Einheitsgröße, die zudem sehr gross ausfällt, das “one size fits it all” stelle ich da mal in Frage. Dafür kostet er nur 50.000 UGX (12,50 Euro).
Nachmittags esse ich noch in der Stadt bei einem Inder mein spätes Lunch, damit ich später am Abend nicht noch einmal in die Stadt muss. Das Sandwich mit Pommes ist ok, wobei ich bei der Hitze nicht gerade viel Hunger habe. Wieder zu Hause versuche ich mich ein wenig auszuruhen und zu lesen, was bei der mich umgebenden Kinderschar nicht gerade leicht ist. Aber das Menschen überall sind, gehört auch zu diesem Land.